Die Zinswende erfasst die Notenbanken: EZB-Verluste und ihre Folgen
Seit der Finanzkrise erzeugen Notenbanken Billionen an frischem Geld, was ihre Bilanzen mit gigantischen Wertpapierbergen füllt. Die Bilanz der Europäischen Zentralbank (EZB) ist bis 2022 auf knapp 9 Billionen Euro angestiegen, was nun unerwünschte Auswirkungen hat. Weltweit erleiden Notenbanken milliardenschwere Verluste, was ihren Ruf stark belastet.
Die aktuelle Zinswende erweist sich als äußerst kostspielig. Obwohl die Bilanzsumme des Eurosystems von ihren Höchstständen zurückgegangen ist, liegen die Aktiva noch immer bei rund 6,5 Billionen Euro, davon 4,5 Billionen Euro in Wertpapieren mit langen Laufzeiten und relativ niedrigen Kupons. Gleichzeitig sind die Bankeinlagen mit hohen Zinsen belastet, woraus ein negatives Zinsergebnis resultiert. Die EZB war aufgrund des extremen Anstiegs der Inflation gezwungen, ihre Leitzinsen drastisch zu erhöhen, was den Verlust in der Bilanz deutlich verschärft hat.
Welche Folgen ergeben sich aus Verlusten der EZB, und welche Effekte könnte dies nach sich ziehen?
Das Hauptziel der EZB ist die Gewährleistung der Preisstabilität und nicht die Erzielung von Gewinnen. Die EZB strebt dabei eine Inflationsrate von mittelfristig 2 % an, um ein stabiles Preisniveau im Euroraum zu gewährleisten. Dennoch haben Notenbankgewinne viele Staatskassen gefüllt. So überwies die Bundesbank von 1980 bis 2019 insgesamt 185 Milliarden Euro an den Bund. Doch die Zinswende hat diese Zeiten beendet. Weltweit stellten seit 2022 Notenbanken ihre Gewinnabführung ein, da kein Gewinn oder sogar Verluste erzielt wurden. Die Deutsche Bundesbank rechnet aufgrund erheblicher Belastungen in den kommenden Jahren mit keinen Gewinnen mehr.
Trotz erheblicher Verluste bleibt die finanzielle Unabhängigkeit der EZB unberührt. Die Zentralbank hat zwar hohe Verlustvorträge und nahezu alle Rücklagen aufgebraucht, doch ihre Handlungsfähigkeit bleibt dank des Notenbankmonopols gesichert. Dadurch ist sie prinzipiell unendlich zahlungsfähig, da sie jederzeit Geld drucken kann, um ihre laufenden Kosten zu decken. Darüber hinaus hält die EZB erhebliche stille Reserven, vor allem in Form von Goldbeständen, deren Marktwert aufgrund des gestiegenen Goldpreises deutlich zugenommen hat. Diese stillen Reserven sind in den Bilanzen der EZB jedoch nicht vollständig zum aktuellen Marktwert abgebildet, da sie oft zu historischen Anschaffungskosten bewertet werden. Insgesamt ist die finanzielle Stabilität der EZB besser als es auf den ersten Blick erscheint.
Das Notenbankmonopol schützt die EZB vor Illiquidität, dennoch bergen dauerhafte Verluste Risiken. Ständige Verluste könnten die EZB dazu zwingen, Geld zu drucken, was die Kontrolle über die Geldpolitik gefährdet und Inflationsrisiken birgt. Dabei würde die Geldmenge erhöht werden, ohne aber eine entsprechende Steigerung der Produktion und Dienstleistungen zu generieren. Dies wiederum könnte dazu führen, dass die EZB ihre Maßnahmen nicht mehr vorrangig auf Preisstabilität ausrichtet, sondern darauf, ihre Verluste zu decken, was ihre Glaubwürdigkeit und Unabhängigkeit gefährden. Momentan deutet jedoch nichts in dieser Art darauf hin. Es wird erwartet, dass die EZB mittelfristig wieder Gewinne erzielt und ihr Eigenkapital stärkt, da die Finanzierung des Banknotenumlaufs fast kostenlos ist und ihre Aktiva Erträge erwirtschaften. Langfristige Zinsänderungsrisiken bergen dennoch Gewinnrisiken, weshalb die Notenbank dies im Auge behalten muss, um ihr primäres Ziel der Preisstabilität nicht zu gefährden. In gewisser Weise könnten diese Verluste sogar dazu beitragen, dass die EZB ihr Mandat erfüllt, indem sie sich unerschütterlich für die Preisstabilität einsetzt, ohne auf die Kosten zu achten.